Die WEC ist mehr als nur eine Rennserie mit eindrucksvollen Fahrzeugen und talentierten Fahrern. Oft ist es der Blick hinter die Kulissen, der einem erst das komplette Bild der Weltmeisterschaft vermittelt. Diesmal werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und stellen das Safety Car mit seinem Fahrer Yannick Dalmas etwas genauer vor.
Jeder WEC-Fan kennt das Safety Car, welches immer dann auf die Strecke geschickt wird, wenn die Wetterbedingungen oder eine Kollision die Sicherheit gefährden. Seit Beginn der Super Season 2018 / 19 wird jenes Fahrzeug von Porsche in Form eines 911 Turbo bereitgestellt.
Im Gegensatz zum 911 RSR, welchen Porsche in der LMGTE-Pro einsetzt, handelt es sich beim Safety Car weitestgehend um ein Serienfahrzeug. Es verfügt über einen Allradantrieb mit 540 PS und wurde lediglich mit Spezialfahrwerk und besseren Bremsen für seinen Einsatz auf der Strecke optimiert.
Von der Formel 1 über Le Mans ins Safety Car
Hinter dem Steuer des Porsche 911 nimmt seit mehreren Jahren Yannick Dalmas Platz. Seine Hauptaufgabe ist es, in schwierigen Situationen den Überblick zu behalten und die Rennleitung steht mit neuen Informationen zu versorgen.
Doch wie wird man eigentlich Safety Car-Fahrer in der WEC? Diese Frage war in einem Satz gar nicht so leicht zu beantworten, wie Yannick Dalmas verrät: „Angefangen habe ich zunächst im Motorsport. Le Mans war schon immer ein wichtiges Rennen für mich. So kam es, dass ich meine eigene Geschichte auf der Strecke schrieb und viermal ganz oben stehen konnte. Nach meiner aktiven Zeit stieß ich vor etwa sieben Jahren zur WEC und wurde Teil einer großen Familie.“
„Zunächst fungierte ich als Bindeglied zwischen den Stewards und der Rennleitung. Ich war zuständig für die Inspektionsrunden und fuhr regelmäßig mit dem Renndirektor um die Strecken. Daraus wurde über die Zeit mein jetziger Job im Safety Car, was nicht zuletzt an meiner Karriere im Motorsport lag. Jetzt fahre ich nicht mehr nur für ein Team, sondern für alle Fahrer.“
Doch der Weg bis ins Safety Car war vor allem im Kopf eine große Umstellung, wie der vierfache Le Mans Sieger verrät: „Wenn du in deiner bisherigen Karriere nichts anderes gemacht hast, als Rennen zu fahren, versuchst du möglichst schnell und kämpferisch zu agieren. Doch ein Safety Car musst du gänzlich anders anpacken. Du lernst zu akzeptieren, dass du nicht mehr um die Führung fährst, obwohl du an der Spitzer liegst. Alle Augen sind auf dich gerichtet, also musst du entsprechend Vorbildlich agieren. Trotzdem ist es wohl einer der besten Jobs im Motorsport!
Die nötige Portion Feingefühl
Es ist keine leichte Aufgabe, das Safety Car unter komplizierten Bedingungen zu steuern. Die vier verschiedenen Klassen erfordern eine menge Feingefühl und Verständnis wie Dalmas erklärt: „Für den Zuschauer ist es im Fernsehen meist schwierig, die Unterschiede in der Geschwindigkeit zu erkennen. Regelmäßig frage ich die Fahrer nach den Rennen, wie Sie das Tempo empfunden haben. Es ist nie leicht den richtigen Mix für alle zu finden.“
„Die GTE-Fahrer antworten dir, dass dein Safety Car genau richtig voranfährt. Anders ist es jedoch in der LMP2. Von dort kommt immer die Frage, ob man nicht noch etwas schneller fahren kann. Die LMP1-Fahrer antworten mir meist, dass es schwierig ist hinter dem Safety Car zu bleiben, da deren Fahrzeuge wiederum ganz ander ausgelegt sind.“
„Mit jeder neuen Wagen-Generation wird dieser Unterschied zwischen den Klassen größer. Vor allem die Bremspunkte bei nasser Fahrbahn haben sich in den letzten 15 Jahren spürbar verändert. So zu fahren, dass es für alle auf der Strecke möglichst sicher bleibt, ist wohl die größte Herausforderung im Safety Car.“
Was die Fans schon immer wissen wollten
Zum Abschluss unseres Gesprächs wollten wir die WEC-Fans zu Wort kommen lassen. Wir haben drei Fragen aus der Community zu unserem Interview mitgenommen, die besonders oft vorkamen. Die Antworten haben wir hier ungefiltert festgehalten:
WM: Welches Safety Car fährt sich besser, der Audi oder der Porsche?
YD: Persönlich gefällt mir der Porsche besser als der Audi, da der Porsche mehr einem Rennwagen gleicht. Das Handling ist angenehmer unter schwierigen Bedingungen und kommt den Wagen hinter mir viel näher. Zudem hat der Porsche mehr Leistung, spezielle Rennsitze und eine Sportausstattung, die es so beim Audi nicht gab.
WM: Was ist das aufregendste, dass dir bisher als Safety Car-Fahrer passiert ist?
YD: Das war vor zwei Jahren in Le Mans. Im Freien Training begann es fürchterlich zu Regnen und ich sollte rausfahren, um die Streckenbedingungen zu prüfen. Als ich auf Höhe der Dunlop-Schikane beschleunigte, gab es plötzlich starkes Aquaplaning, woraufhin das Fahrzeug ausbrach. Glücklicherweise konnte ich das Safety Car mit einem Drift auf der Strecke halten und unbeschädigt zurückbringen.
WM: Was würdest du an deinem Job verändern?
YD: Ich würde gerne noch mehr auf der Strecke fahren. In der Pause nach der ersten Trainingssession zum Beispiel. Jeder Kilometer mehr hilft einem die Strecke und deren Eigenheiten besser zu verstehen. Zudem würde ich mir mehr Informationen im Safety Car wünschen. Die wenigsten wissen, dass ich mich die komplette Renndistanz über im Wagen bereithalten muss. So ist es zum Beispiel nicht möglich zwischendurch auf Toilette zu gehen. Ein kleiner Bildschirm mit Live-Daten oder einem TV-Bild wäre hier ideal. Ich bekomme nur wenig vom eigentlichen Renngeschehen mit und weiß oft nur das nötigste von dem was draußen vor sich geht.
Bereits vor Einiger Zeit haben wir uns genauer mit der Logistik der FIA WEC beschäftigt und uns gefragt: Wie kommen die Fahrzeuge von A nach B? Die Antwort gibt es hier zum nachlesen.
Bilder © WEC-Magazin (Walter Schruff / Ton Kerdijk)