Die 1000 Meilen von Sebring zeigten uns einen Kampf in der LMGTE-Pro, wie wir ihn uns in Le Mans gewünscht hätten. Gleich mehrere Fahrzeuge hatten bis zum letzten Stint die Chance auf den Sieg. Eine detaillierte Analyse der Daten zeigt ein interessantes Bild davon, wie sich das Finale zwischen Porsche und BMW entwickelt hat.
Nach Ablauf der acht Stunden ging der Sieg in Sebring an den Porsche 911 RSR mit der Startnummer 91. Damit sicherte sich das Duo Gianmaria Bruni und Richard Lietz erstmals einen Platz ganz oben auf dem Podium, während das Trio Nicky Catsburg, Martin Tomczyk und Alexander Sims den ersten Erfolg knapp verpasste. Die Analyse zeigt, wie denkbar knapp der Premierensieg für den BMW M8 GTE gewesen wäre.
Das Drama begann mit der letzten Stunde des Rennens. Etwa 50 Minuten zeigte die Uhr noch an und der Porsche #91 steuerte auf einen sicheren Sieg zu. Gut 30 Sekunden lag der Sportwagen vor dem AF Corse Ferrari #51 und dem Schwesterfahrzeug #92, während der Ferrari #71 und der BMW #81 rund 50 Sekunden dahinter fuhren.
Der Zwischenstand nach sieben Stunden
Pos. | # | Fahrzeug | Fahrer | Abstand |
1 | 91 | Porsche 911 RSR | R. Lietz | – |
2 | 51 | Ferrari 488 GTE | J. Calado | +30.771 |
3 | 92 | Porsche 911 RSR | M. Christensen | +32.846 |
4 | 71 | Ferrari 488 GTE | S. Bird | +49.042 |
5 | 81 | BMW M8 GTE | N. Catsburg | +58.762 |
6 | 67 | Ford GT | A. Priaulx | +1:16.539 |
In den Runden 199, 200 und 201 kamen die Top-6 der LMGTE-Pro zum letzten Nachtanken und Reifenwechseln in die Box. Viele der Teams tauschten zudem noch einmal den Fahrer für den letzten Stint. Die einzige Ausnahme bildete Nicky Catsburg im BMW #81. Sein Wagen musste bereits zehn Minuten vor dem eigentlichen Stopp zur Mitte des Rennens in die Boxengasse, um eine kleine Beschädigung zu beheben.
Dieser Zwischenfall sorgte für eine Verschiebung aller weiterer Stopps und einer veränderten Strategie. Während alle anderen GTE-Fahrzeuge in die Box fuhren, konnte der BMW auf der Strecke bleiben und mit 13 Sekunden Vorsprung die Führung übernehmen. Zeitgleich wusste die Mannschaft aber auch, dass der Sprit im Tank nicht bis zu Ziellinie reichen würde und kurz vor Rennende noch ein „Splash & Dash“ (auf Deutsch: Nur nachtanken und weiterfahren) notwendig wird.
Der Zwischenstand nach den finalen Boxenstopps
Pos. | # | Fahrzeug | Farher | Abstand |
1 | 81 | BMW M8 GTE | N. Catsburg | – |
2 | 91 | Porsche 911 RSR | G. Bruni | +12.646 |
3 | 67 | Ford GT | A. Priaulx | +19.397 |
4 | 51 | Ferrari 488 GTE | A. Pier Guidi | +39.633 |
5 | 92 | Porsche 911 RSR | M. Christensen | +45.351 |
6 | 71 | Ferrari 488 GTE | S. Bird | +59.269 |
Die einzigste Chance auf einen Sieg von Catsburg bestand in der Hoffnung, dass es noch zu einer Full-Course-Yellow-Phase oder einer Saftey Car-Phase im Rennen kommen würde. So könnte er Benzin-sparend fahren und die Reichweite von 55 Minuten auf 1 Stunde und 12 Minuten erweitern.
Eine zweite, noch unwahrscheinlichere Möglichkeit bestand darin, einen Vorsprung von 45 Sekunden auf Bruni im Porsche #91 aufzubauen. So hätte die Crew genügend Zeit für den Splash & Dash und Catsburg könnt die Führung wieder behalten. Er versuchte sein Bestes und baute in Runde 212 den Abstand von 13 auf 17 Sekunden aus. Doch es schien, als könnte der Porsche mühelos mitgehen und verringerte so immer wieder den Abstand, bis sich schließlich der Himmel öffnete und es in Strömen begann zu regnen.
Der Regen als zweischneidiges Schwert für Porsche und BMW
Der sintflutartige Regen, welcher sich über dem Sebring International Raceway ergoss, war jener Glücksmoment, auf den die BMW-Mannschaft gehofft hatte. Die Strecke stand förmlich unter Wasser und jedes Auto im Feld war gezwungen auf Regenreifen zu wechseln. Für Catsburg der perfekte Moment, um in die Box zu kommen und zeitgleich nachzutanken.
Alarmiert vom Manöver des BMWs orderte auch Porsche sein Fahrzeug in die Box und gab zeitgleich den Auftrag, den Abstand so weit wie möglich zu verkürzen, was Bruni auch schaffte. Der Italiener war in Runde 219 zwischen drei und fünf Sekunden schneller als jedes andere Fahrzeug in der LMGTE-Pro.
Als beide Fahrzeuge in etwas zeitgleich zum Stopp anhielten, schaffte es die Porsche-Mannschaft, den Wagen schließlich zwei Sekunden vor dem bis dahin führenden BMW auf die Strecke zu schicken. Die Präzisionsarbeit und das perfekte Timing bescherten Porsche in diesem Moment den Sieg im Rennen.
Vergleich der Rundenzeiten zwischen dem BMW #81 und dem Porsche #91
Runde | #81 | #91 |
216 | 1:59.625 | 2:00.334 |
217 | 2:01.762 | 2:01.580 |
218 | 2:06.381 | 2:05.410 |
219 | 2:13.876 | 2:10.626 |
220 | 3:16.745* | 3:01.265* |
221 | 2:15.572 | 2:17.294 |
222 | 2:18.735 | 2:19.015 |
223# | 2:27.949 | 2:27.655 |
224# | 2:50.335 | 2:50.200 |
225# | 3:53.997 | 3:54.090 |
* = Einschließlich der Boxenstandzeit
# = Einsatz des Safety Cars in dieser Runde
Das vorzeitige Rennende
Überrascht vom vorbeifahrenden Porsche schaltete Catsburg in den Angriffsmodus und versuchte alles menschenmögliche, um den minimalen Rückstand wieder aufzuholen. In Runde 221 war der 31-jährige zwei Sekunden schneller als Bruni und auch in Runde 222 war er eine Sekunde schneller als der Italiener. Als die Uhr noch 15 Minuten bis zum Rennende anzeigte, war Catsburg in Schlagweite und kaum mehr eine halbe Sekunde vom Porsche entfernt.
Doch zum finalen Kampf um die Spitze kam es nicht mehr, da nur zwei Minuten später der Franzose Loïc Duval mit der Streckenbegrenzung kollidierte. Sein Oreca #28 von TDS Racing steckte im Reifenstapel fest und schaffte es aus eigener Kraft nicht mehr zurück auf den Kurs. Zur Bergung des Wagens und im Hinblick auf die immer stärkeren Regenfälle beschloss Rennleiter Eduardo Freitas, die 1000 Meilen von Sebring hinter dem Safety Car zu beenden – der Sieg für Porsche und eine herbe Enttäuschung für BMW.
Das Endergebnis in der LMGTE-Pro
Pos. | # | Fahrzeug | Fahrer | Abstand |
1 | 91 | Porsche 911 RSR | G. Bruni | – |
2 | 81 | BMW M8 GTE | N. Catsburg | +0.816 |
3 | 67 | Ford GT | A. Priaulx | +1 Runde* |
4 | 51 | Ferrari 488 GTE | A. Pier Guidi | +1 Runde* |
5 | 92 | Porsche 911 RSR | M. Christensen | +1 Runde* |
6 | 71 | Ferrari 488 GTE | S. Bird | +1 Runde* |
* = Der Abstand entstand durch den Einsatz des Safety Cars
Bilder © WEC-Magazin (Walter Schruff / Ton Kerdijk)