Braucht die WEC eine neue Altersregelung?

Am kommenden Wochenende findet in Brasilien das Saisonfinale der WEC statt. Mit Erstaunen durften wir feststellen, dass der Promoter und Mitorganisator des Rennens seine Andeutung wahrgemacht hat. Der ehemalige Formel 1 Weltmeister Emerson Fittipaldi wagt mit 67 Jahren sein Comeback. Es ist ein Umstand, der einem als Motorsport-Fan zu denken gibt. Einerseits ist es eine schöne Sache, wenn sich ein Altmeister noch mal hinter das Steuer wagt, jedoch geistert mir gleichzeitig eine Vielzahl von Gegenargumenten durch den Kopf was die Bereiche Gesundheit und Sicherheit betrifft. Die Rückkehr von Emerson Fittipaldi gibt Grund zum Anlass mir die Frage zu stellen, braucht die WEC eine neue Altersregelung?
SaoPaulo_2013_Fittipaldi
Es ist ein Phänomen, was man seit einigen Jahren immer häufiger beobachten kann. Motorsportler, die eine bestimmte Altersgrenze überschritten haben, werden langsam aber sicher aus ihrer gewohnten Umgebung gedrängt oder nehmen freiwillig den Hut. Doch wenn man Jahre lang sich täglich diesem einen Bereich in seinem Leben gewidmet hat, fällt es verständlicherweise schwer loszulassen. In der WEC kann man beobachten, dass Formel 1 Fahrer zwischen 30 und 40 Jahren die Langstreckenserie zunehmend für sich entdecken um nicht direkt in Rente gehen zu müssen. Wohl prominentestes Beispiel für diese Entscheidung ist Mark Webber, welcher Anfang des Jahres beim neuen Porsche Team unterschrieb. Ein weiterer Name der immer wieder die Runde für einen Wechsel macht ist der des Briten Jenson Button. Auch wenn sich beide in ihren Dreißigern befinden und nicht mehr zum ganz jungen Eisen gehören, so sind sie dennoch in der Lage mit ausreichend Kraft- und Ausdauertraining sich auf einem guten Level zu halten um auch weiterhin im Motorsport teilzunehmen.

Die WEC wurde von Beginn an offen konzipiert um jedem Fahrer eine Teilnahme zu ermöglichen. Es liegt also in der Natur dieser Rennserie, dass sich früher oder später Piloten aller Altersklassen hier ansammeln. Die Teams dürfen nahezu frei entscheiden, welche Fahrer für ihr Auto in Frage kommen. Um hier alle Arten von Piloten gleich zu behandeln, werden diese anhand von bestimmten Kriterien in Kategorien eingeteilt. Im Sportlichen Reglement ist festgeschrieben, welche Fahrer-Kategorien in einem Wagen vertreten sein müssen um den Start zu gewährleisten. Ein Problem was hier jedoch nicht bedacht wurde, ist der Umgang mit wesentlich älteren Fahrern die an einem Rennen teilnehmen wollen.

Als einzige Klasse besitzt die LMP1 derzeit eine feste Altersgrenze. Hier ist klar geregelt, dass keine Fahrer mit Bronze-Status ein Rennen in diesen Fahrzeugen bestreiten dürfen. Die Bronze-Einstufung ist die derzeit einzige Kategorie, welche ein Fahrer ohne Beachtung seines Alters erlangen kann. Für Platin darf ein Pilot nicht älter als 50 und für Gold bzw. Silber nicht älter als 59 Jahre sein. Schaut man also in die Besetzungsvorgaben für die Fahrzeuge, so fällt auf, dass man zwar mit 60 Jahren in die niedrigste Kategorie abrutscht, jedoch noch in der LMP2, GT-Pro und GT-Am Teilnehmen darf. Jeder Fahrer der die Kriterien erfüllt, kann sich eine Einstufung bei der FIA geben lassen. Diese berechtigt ihn dann zu einer Teilnahme an jedem WEC-Rennen in dem jeweiligen Jahr.

Die aktuelle Regelung bedarf dringend einer Überarbeitung. Auch in der Politik wird die Problematik von älteren Verkehrsteilnehmern im öffentlichen Straßenverkehr häufig diskutiert. Jeder Mensch ist dem körperlichen Alterungsprozess unterlegen. Bei manchen setzt dieser früher und stärker ein als bei anderen. Es wäre falsch eine Pauschalregelung zu schaffen, welche allen Fahrern über 60 Jahren eine Teilnahme verbietet. Was derzeit fehlt sind zentrale medizinische Untersuchungen in Verbindung mit dem Regelwerk, welche die Vergabe der Fahrer-Einstufung maßgebend beeinflussen. Die großen Teams machen zwar teils aufwendige Tests, jedoch haben gerade kleinere Mannschaften oft nicht das Geld um so etwas zu realisieren. Es ist schwer vorauszusagen, wie sich ein Emerson Fittipaldi im achten Saisonrennen schlagen wird. Es ist durchaus möglich, das er eine ähnliche Leistung abliefert wie seine jüngeren Teamkollegen, da er durch seine frühere Laufbahn fitter ist als andere Menschen seines Alters. Jedoch sind die G-Kräfte und die enorme körperliche Belastung nicht zu unterschätzen. Mit fast 70 Jahren besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Konzentration auf Dauer nachlässt bzw. die Sinne nicht mehr alle Reize gleich verarbeiten können. Nicht auszudenken ist, was bei einem schwerwiegenden Unfall passiert wie ihn Jules Bianchi beim Formel 1 Rennen in Suzuka hatte.

Wir befinden uns derzeit in einer Situation, wie sie oft im Leben vorkommt. Die Regeln und Gesetze sind nicht klar genug definiert und keiner macht sich so recht Gedanken darüber. Kommt es dann aber zu einem größeren Unfall, werden kurzsichtig die falschen Entscheidungen getroffen. Im Falle der WEC könnte beispielsweise ein Unfall von Emerson Fittipaldi mit mehreren Beteiligten zu Folge haben, dass das “Endurance Committee” eine Altersgrenze für alle Fahrzeugkategorien einführt und so die Natur der Serie beschädigt. Es ist an der Zeit wichtige Entscheidungsfaktoren wie die körperliche Verfassung eines Menschen zu einem Hauptkriterium zu machen, um so die Offenheit und den Charakter der WEC zu wahren.

Bildquelle: FIAWEC Pressematerial