Jeder kennt seine Stimme, doch nur die wenigsten wissen, wer dahinter steckt. Wir haben den Renndirektor der WEC, Eduardo Freitas, bei seinem Job begleitet.
Vom Mechaniker zum Renndirektor
Nur die wenigsten werden sich je gefragt, wie man Renndirektor in einer Weltmeisterschaft wird. Es ist weder ein Ausbildungsberuf, noch kann man sich direkt darauf bewerben. Wichtig ist eine persönliche Zielsetzung und die Liebe zum Sport wie Eduardo Freitas verrät.
„Ich kann nicht wirklich sagen, dass ich Renndirektor werden wollte, als ich klein war. Früher half ich meinen Freunden mit der Arbeit an 2-Takt-Motoren und wurde schnell zum Automechaniker. Doch das änderte sich 1979 mit der Karting-WM in Estoril. Dort wurde mir klar, dass ich nicht länger als Mechaniker arbeiten möchte und steckte mir neue Ziele für meine Karriere.“
„Ich wusste, das ich künftig im Motorsport arbeiten wollte, jedoch nicht direkt an den Fahrzeugen. Ein neuer Weg um den Motorsport in meinen beruflichen Werdegang einzubinden eröffnete sich mir an jenem Wochenende in Estoril. Inspiriert durch die Helfer an der Strecken lernte ich das Handwerk des Streckenpostens. Über die Jahre setzte ich mir weitere Ziele und stieg schließlich zum Renndirektor auf.“
Eduardo Freitas: „Wir sind die Polizei der WEC“
Der Renndirektor ist eine von wenigen Personen, die der Zuschauer im Rennen zu gehör bekommt. Viele verbinden mit der Person von Eduardo Freitas Regeln, Strafen und den Einsatz des Safety Cars. Doch er ist nur eine Person in einer großen Gruppe, die gemeinsam die Entscheidungen trägt.
Hinter den Kulissen dreht sich alles um Teamwork. Eine Vielzahl an Menschen sorgt während des WEC-Rennens für den reibungslosen Ablauf. Neben dem Renndirektor gehört noch das Team der Serien-Organisatoren, die Stewards und die Streckenposten zum Gremium. Eine ganz besondere Position hat hier jedoch die Rennleitung.
„Die Arbeit in der Rennleitung lässt sich am besten vergleichen mit der von Polizisten. Wir sind immer in Bereitschaft und schauen nach sicherheitsrelevanten Problemen im Rennen. Die ständige Wachsamkeit erfordert einen hohen Grad an Konzentration und Fokus. Besonders in den 8-Stunden-Rennen spürt man das am Ende des Tages.“
„Etwas entspannter ist die Situation hingegen bei den 24 Stunden von Le Mans. Ich bin dort zwar auch einen großen Teil des Rennens an meinem Platz, jedoch ist es für einen Menschen fast unmöglich einen ganzen Tag 100% zu geben. Gerade im Rennen ist die Sicherheit das wichtigste. In den Momenten wo meine Akkus auflade, übernimmt in der Regel ein Leiter der Strecke meine Funktion für einen kurzen Zeitraum.“
Der Weg einer Strafe
Eine der Hauptaufgaben eines Renndirektors ist die Vermittlungsarbeit zwischen den einzelnen Parteien. Kommt es im Rennen zu einem Regelverstoß, meldet Eduardo Freitas diesen an eine spezielle Gruppe im Nachbarzimmer, die Stewards. Dort wird beraten und im Detail geprüft, ob eine Strafe nötig ist und wie diese aussehen kann. (Lesetipp: Einen spannenden Einblick in die Arbeit der Stewards gibt die FIA WEC in diesem englischsprachigen Beitrag.)
„Der Prozess der Straffindung ist sehr demokratisch. Fällt mir oder meinen Kollegen etwas auf, berichte ich umgehend an die Stewards. Diese Gruppe aus meist vier Personen nimmt sich so viel Zeit wie nötig ist, um den Vorgang zu analysieren. Ich lege also nicht allein fest, welche Strafe verhängt wird. Allerdings ist in vielen Situationen meine Meinung gefragt und oft finden wir gemeinsam eine passende Lösung.“
„Manchmal kommt es vor, das Situationen zu komplex sind, um eine Entscheidung im Rennen zu fällen. In solchen Momenten warten wir bis die Fahrer aus den Wagen steigen und führen persönliche Gespräche. Im Anschluss fließen die Aussagen in die Bewertung mit ein und es wird meist eine nachträgliche Strafe verhängt. Nicht immer stößt eine Entscheidung auf Verständnis und es kommt auch ab und an zu Diskussionen. Meine Aufgabe ist es dann den Dialog zu suchen.“
Zwischen beruflichen und privaten Sport
Fast jeder hat in einem Sport, den er liebt und einen Favoriten den er unterstützt. Doch wie schafft man es in so einer Position stets neutral zu bleiben und faire Entscheidungen zu treffen?
„Alles was einen Motor hat fasziniert mich seit jeher. Ich liebe die Technik und die Geschwindigkeit. Ich habe sogar eine Lieblingsmannschaft, Sporting Clube de Portugal. Allerdings ist dies eine Fußballmannschaft. In meinem Beruf wäre es nicht fair sich an ein Team zu binden. Ich trenne beruflich und privat sehr strikt. Nur so ist es möglich neutral zu bleiben und faire Entscheidungen herbeizuführen.“
„Nichts desto trotz liebe ich Sport und bin auch in meiner Freizeit sehr aktiv. Ich habe versucht, mich mit Motorrädern anzufreunden und respektiere die Arbeit der Fahrer. Doch es widerspricht zu sehr meinem Sicherheitsverständnis und ist mir einfach zu gefährlich. Ich spiele lieber Badminton und gelegentlich Snooker, wenn die Zeit es erlaubt. Hinzu kommt eigentlich jeder Sport, der sich gut im Fernsehen anschauen lässt, wie zum Beispiel Fußball.“
Es geht nichts ohne Teamarbeit
Die Arbeit eines Renndirektors erfordert viele Kompromisse, Kommunikation und Flexibilität. Der Renndirektor gehört ohne Frage zu wen wichtigsten Personen in der WEC. Doch ohne echte Teamarbeit funktioniert in einer Rennserie nicht – egal ob am Fahrzeug, auf der Strecke oder in der Rennleitung.
„Am Ende eines Rennwochenendes bin ich froh, wenn alle unversehrt nach Hause gehen können. Erst dann hat man Gewissheit, dass die Teamarbeit stimmte und wir alles richtig gemacht. Trotzdem wünsche ich mir an manchen Tagen, ich könnte die Fahrer „unzerstörbar“ machen, um das Verletzungsrisiko weiter zu senken. Dennoch glaube ich, das wir auf einem guten Weg sind, die WEC mit jedem Rennen etwas sicherer zu machen.“
Bilder © WEC-Magazin (Walter Schruff / Ton Kerdijk)