Auch die 89. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans stand ganz im Zeichen von Toyota. Die Japaner holten mit dem neuen GR10 Hybrid den ersten Le Mans-Sieg eines Hypercar an der Sarthe. In der LMGTE-Pro gewann der AF Corse-Ferrari das Rennen.
Nach 24 Stunden erfüllte sich Mike Conway, José María López und Kamui Kobayashi erstmals den ganz großen Traum vom Sieg in Le Mans. Das Trio im Toyota #7 gewann den Langstrecken-Klassiker mit zwei Runden Vorsprung auf das Schwesterfahrzeug #8. Den dritten Gesamtrang sicherte sich Alpine Elf Matmut mit seinem Fahrzeug #36. Debütant Glickenhaus Racing schaffte es bei der Le Mans-Premiere mit beiden Hypercars sicher ins Ziel und fuhr auf die Plätze vier (#708) und fünf (#709).
Die Krone in der LMGTE-Pro-Klasse konnte sich die AF Corse-Mannschaft mit dem Ferrari #51 sichern. Die Italiener überquerten die Ziellinie knapp 41 Sekunden vor der Corvette #63, die ebenfalls eine Streckenpremiere in Le Mans feierte. Den dritten Podestplatz fuhr die #92 vom Porsche GT Team ein.
In der LMP2-Klasse kam es eine Runde vor Schluss zum großen Drama. Das Führungsfahrzeug #31 vom Team WRT blieb aufgrund technischer Probleme einfach liegen, ähnlich wie Toyota vor wenigen Jahren. Den Sieg erbte der Schwesterwagen #41, der bis dato auf Platz zwei unterwegs war. Platz zwei in der Klasse ging an den Jota #28. Panis Racing (#65) schaffte es auf den dritten Podestplatz.
Bei den LMGTE-Am-Fahrzeugen siegte ebenfalls ein Ferrari. Die #83 von AF Corse holte hier den ersten Platz mit 2 Minuten und 17 Sekunden Differenz zum zweiplatzierten TF Sport Aston Martin #33. Der Iron Lynx-Ferrari #80 fuhr auf Platz drei.
Start hinter dem Safety Car
Der erste Tag in Le Mans war gezeichnet von Regen und Feuchtigkeit. Direkt zum Start sorgte starker Niederschlag für einen Start hinter dem Safety Car. Doch auch mit der Rennfreigabe wurde es nur bedingt besser. Noch vor der ersten Kurve kollidierte der Toyota #8 mit dem Glickenhaus #708. Beide Wagen wurden in Mitleidenschaft gezogen und der Neueinsteiger bekam eine 15 sekündige Stop&Go-Strafe.
Umso beeindruckender war die Aufholjagd von Buemi im getroffenen Toyota. Als wäre die Konkurrenz nicht da, zog der Schweizer durch das Feld und kämpfte sich in weniger als anderthalb Stunden auf Rang zwei vor. Für Toyota markierte dieser Zeitpunkt den Beginn einer konstanten Doppelführung in der Hypercar-Klasse.
Bei den LMGTE-Pro-Fahrzeugen konnte Corvette mit der #64 zunächst das Rennen anführen. Bei den AM-Wagen zog die #83 von AF Corse in Führung und beanspruchte die Führung für sich. Doch knapp 2,5 Stunden nach Rennbeginn kam der nächste Regenschauer nach Le Mans und sorgte für ordentlich Bewegung in den GTE-Klassen.
Nach vielen Boxenstopps profitierte Ferrari von der Situation und ging mit einer Doppelspitze in der LMGTE-Pro in Führung. Ganz anders der Rennverlauf beim Aston Martin #98 in der kleineren AM. Fahrer Marcos Gommes kam von der Strecke ab und kollidierte bei voller Geschwindigkeit mit der Streckenbegrenzung – einer der heftigsten Unfälle im Rennen und das vorzeitige Aus für die Mannschaft.
Noch mehr Regen und viele Unfälle am Abend
Auch fünf Stunden nach Rennbeginn wollte der Regen nicht locker lassen und sorgte für viele brenzlige Situationen auf der Strecke. In Kombination mit der einsetzenden Dämmerung und der kälter werdenden Strecke kam es zu einer ganzen Reihe an Abflügen.
Kurz vor dem Dunlop-Bogen fuhr die #23 von United Autosports in das Richard Mille Racing Team (#1) und kam von der Strecke ab. Die #74 kollidierte kurz darauf ebenfalls mit dem Wagen #1, welcher noch quer auf der Fahrband stand und nicht von der Stelle kam. Nur wenige Momente darauf rutschten der Project 1 Porsche #56 und der TF Sport Aston Martin #33 auf einer Flüssigkeit aus und schlugen nacheinander in die erste Schikane der Hunaudieres-Geraden ein.
Auch im weiteren Verlauf des Abends blieb es nicht ruhiger. Kurz vor der Tertre-Rouge-Kurve kam es zum Abflug vom Cetilar Racing Ferrari #47. Stark beschädigt, schafft er es nicht mehr eigenständig zur Box zurück. Der Alpine #36 blieb im Kiesbett der ersten Schikane der Hunaudieres-Geraden stecken und auch die #25 von G-Drive Racing kam eingangs der Dunlop-Kurve von der Strecke ab und sorgte für ein Trümmerfeld.
Kurz nach Beginn des zweiten Tages sorgte ein heftiger Einschlag des WeatherTech Racing Porsche #79 für einen kurzen Schreckmoment. Cooper Macneil verlor die Kontrolle in der Ford-Kurve und prallt gegen die Leitplanke.
Erschöpfung und Konstanz im letzten Renndrittel
Gegen zwei Uhr früh flammte der Kampf um die LMGTE-Pro-Spitze ein letztes Mal richtig auf. Die Corvette #63 forderte den Ferrari #51 heraus und wollte ein finales Manöver starten, um die Führung zu übernehmen. In dem Duell über viele Runden schaffte es der US-Bolide jedoch vorbei und der Ferrari behielt die Führung inne.
Als die Sonne zurückkehrte, machte sich Müdigkeit, Erschöpfung und Verschleiß bei allen Teilnehmern bemerkbar. Immer weniger Fahrzeuge wagten ein Manöver und der Fokus änderte sich hin zum durchhalten. Egal ob in der AM- oder der Hypercar-Klasse, viele Teilnehmer fuhren am Limit und wollten nur heil die Ziellinie erreichen. Bei Toyota kämpfte man seit den frühen Morgenstunden mit einer fehlerhaften Benzinpumpe. Bis in die Morgenstunden zog sich die Fehlersuche. Die Stint-Länge beim Wagen Nummer acht hatte sich von 12 auf 3 Runden pro Stint verkürzt und alles sah nach einem Umbruch an der Spitze aus. Doch ein Softwarefehler war der Kern allen Übels und mit einem Neustart des Wagens Geschichte.
In der LMP2-Klasse hatte sich das Team WRT festgesetzt und beanspruchte die Ränge eins und zwei für sich. Nahezu unangreifbar dominierten die beiden Prototypen die Klasse, da der größte Konkurrent, United Autosports, seinen dritten Platz wegen Problemen an der Lichtmaschine aufgeben musste.
Einen letzten Führungswechsel gab es zum Schluss teamintern, da Probleme mit dem Pressluftsystem des eingebauten Wagenhebers am Fahrzeug #31 für längere Boxenstopps sorgten. Die Highlights der 24 Stunden von Le Mans und eine Chronologie der Ausfälle gibt es hier in unserem Live-Ticker zum nachlesen. Die finalen Ergebnisse aller Teilnehmer gibt es hier auf einen Blick.
Bilder © WEC-Magazin (Walter Schruff / Ton Kerdijk)