Die LMP1-Kategorie der 24 Stunden von Le Mans beeindruckt mit dem größten Feld in der Spitzenklasse seit 2014. Zehn Fahrzeuge treten bei der diesjährigen Ausgabe an. Wir haben uns alle Teilnehmer im Detail angesehen.
Toyota Gazoo Racing (Toyota TS050 Hybrid)
Toyota reist mit einem klaren Ziel nach Le Mans: Den lang ersehnten Sieg endlich einzufahren. Durch den Rückzug von Porsche startet das Werksteam als einziger Teilnehmer mit zwei Hybridfahrzeugen. Die Geschichte von Toyota in Le Mans ist eine der tragischsten überhaupt. Seit 30 Jahren kämpfen die Japaner erfolglos um den Gesamtsieg an der Sarthe. In den Jahren 2014 und 2016 wahr der große Traum zum Greifen nahe, doch das Schicksal wollte es anders.
Doch nie standen die Chancen auf einen La Mans-Erfolg für Toyota größer als diesmal. Durch die großzügigen EoT-Vorgaben und die leistungsstarke Hybrideinheit startet die Mannschaft mit einem großen Vorsprung ins Rennen. Bereits in Spa-Francorchamps zeigte sich eindrucksvoll, dass die Privatiers diese Performance nicht über die volle Zeit mitgehen können.
Auch wenn es für viele Fans den Eindruck erweckt, dass die Regeln zugunsten von Toyota ausgelegt wurden, so darf man nicht vergessen, dass Le Mans eines der härtesten Rennen der Welt ist. Der kleinste Fehler kann einen den Sieg kosten und auch ein Werksfahrzeug kann so schnell hinterherfahren.
Klarer Favorit ist jedoch nach wie vor die Startnummer acht mit Kazuki Nakajima, Sébastien Buemi und Fernando Alonso am Steuer. Es ist eines der stärksten Trios im Feld und hat gute Chancen auf den Gesamtsieg. Für Alonso wäre der Sieg in Le Mans der nächste große Schritt auf seinem Weg zur „Triple Crown“ des Motorsports. Doch auch das Schwesterfahrzeug mit Mike Conway, Kambi Kobayashi und José Maria López ist durchaus in Schlagweite. Kobayashi zählt zu den schnellsten Fahrern im Feld und konnte bereits 2017 in Le Mans eine Rekordrunde verzeichnen.
Rebellion Racing (Rebellion R13 Gibson)
Als Favorit unter den Privatteams reist Rebellion Racing nach Le Mans. Mit einem starken Fahrermix und vier Le Mans-Siegen ist die Schweizer Mannschaft eine Hausnummer für sich. Der Rebellion R13 mit der Startnummer eins ist das erfahrenere der beiden Fahrzeuge. Mit dem Le Mans Sieger von 2011, 2012 und 2014 (André Lotterer), dem Le Mans Sieger von 2016 (Neel Jani) und Bruno Senna stehen hier die Chancen auf ein erfolgreiches Rennen äußerst gut.
Das Schwesterfahrzeug wird pilotiert durch das Trio Thomas Laurent, Mathias Beche und Gustavo Menezes. Mit einem Durchschnittsalter von 24 Jahren zählte diese zu den jüngsten Crews im Feld. Bereits in Spa zeigte Rebellion das Potential der beiden Fahrzeuge und konnte Toyota oft unter Druck setzen.
Doch durch die schwierige Ausgangslage aufgrund der Equivalency of Technology (EoT) wird es nicht leicht, die beiden Toyota zu bezwingen. Die richtige Strategie, der Zustand und die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge sowie ein Quäntchen Glück werden hier Rennentscheidend sein.
SMP Racing (BR Engineer BR01 AER)
Das SMP Racing mit dem BR01 ein äußerst schnelles Fahrzeug besitzt, zeigte die Mannschaft bereits bei den 6 Stunden von Spa. Durch die extrem gute Aerodynamik hob der Wagen mit der Nummer 17 entlang der Raidillon-Kurve ab und landete in der Streckenbegrenzung. Glücklicherweise blieb Pilot Mateos Isaakyan unverletzt und der Schaden am Auto hielt sich in Grenzen.
Auf Basis der Daten aus Spa verbesserte die Mannschaft das Low-Downforce Aeropaket für Le Mans. Ergänzt wird das ganze mit zwei sehr guten Fahrertrios. Die #11 teilen sich die ehemaligen Formel 1-Fahrer Jenson Button, Vitaly Petrov sowie der Indycar-Star Mikhail Aleshin, während die #17 mit Matevos Isaakyan, Stéphane Sarrazin und Igor Orudzhev besetzt ist.
ByKolles Racing Team (ENSO CLM P1/01 NISMO)
Nachdem das ByKolles Racing Team 2017 nur eine Runde in Le Mans bestritt, soll in diesem Jahr alles besser werden. Mit dem weiterentwickelten ENSO CLM P1/01 und dem verbesserten NISMO-Motor hat die Mannschaft bereits große Fortschritte gemacht. Die bessere Aerodynamik und der zuverlässigere Motor des LMP1-Boliden bilden eine gute Basis für die 24 Stunden von Le Mans.
Neben den beiden Stammpiloten Dominik Kraihamer und Oliver Webb ist in diesem Jahr erstmals der Franzose Tom Dillmann Teil des österreichischen Teams. Auch wenn ByKolles nicht die schnellsten Rundenzeiten beim Saisontest zurücklegen konnte, so ist die Zuverlässigkeit wesentlich höher als in den Jahren zuvor.
DragonSpeed (BR Engineering BR01 Gibson)
DragonSpeed ist eines der beiden LMP1-Teams, dass in Spa ein schreckliches Wochenende erlebte. Nach dem schweren Unfall von Pietro Fittipaldi im Qualifying, wo er sich beide Beine brach, konnte die Mannschaft nicht am Rennen teilnehmen.
Die schwierige Ersatzteillage und die tiefgreifenden Schäden am Auto erforderten eine lange Reparaturzeit. Dennoch schaffte es die US-Mannschaft, rechtzeitig für Le Mans fertig zu werden. Mit Hendrik Hedman stellt DragonSpeed den einzigen Bronzefahrer in der diesjährigen LMP1-Klasse. Eigentlich sind Piloten mit Bronzestatus nicht erlaubt in der Spitzenklasse, doch dank einer Sondererlaubnis des ACO das Hedman dennoch starten. Teilen wird er sich das Cockpit mit dem Briten Ben Hanley und den Niederländer Renner van der Zande.
Erstmals bekommen wir einen Vergleich zwischen den verschiedenen Antriebskonzepten von SMP Racing und Dragonspeed zu sehen. Während die Russen auf einen AER-Motor in ihrem BR01 vertrauen, setzt die US-Mannschaft auf ein Aggregat von Gibson.
CEFC TRSM Racing (Ginetta G60-LT-P1 Mecachrome)
Die vom Manor-Team in der LMP1 eingesetzten Ginettas von CEFC TRSM Racing konnten ebenfalls nicht bei den 6 Stunden von Spa teilnehmen. Nach finanziellen Schwierigkeiten und unbezahlten Rechnungen zog Ginette die beiden Fahrzeuge vom Eröffnungsrennen zurück. Pünktlich zu den 24 Stunden von Le Mans hat das Team alle Probleme hinter sich gelassen und ist bereit das Saisonhighlight in Angriff zu nehmen.
Schon beim Le Mans-Testtag spulten beide Fahrzeuge mehr als 100 Runden ab und sammelten wertvolle Daten. Doch von der Zeit konnte die Mannschaft nicht mit Rebellion oder Toyota mithalten. In erster Linie wäre es schon beachtlich, wenn beide Wagen beim ersten richtigen Renneinsatz die volle Distanz meistern würden.
Von Fahrerseite her sollte dem nichts im Weg stehen. Mit Ginetta-Junior Charlie Robertson, Ginetta Werksfahrer Mike Simson und dem Franzosen Léo Roussel ist die Startnummer fünf gut aufgestellt. Auch der zweite Ginetta (#6) mit Oliver Turvey, Alex Brendel und Oliver Rowland muss sich nicht verstecken, da alle Piloten über genügend Langstreckenerfahrung verfügen.
Bilder © WEC-Magazin / Walter Schruff / Ton Kerdijk