In einem nahezu fehlerfreien Rennen zeigte Toyota das ganze Potential des TS050 Hybrid und machte das Le Mans-Tripel perfekt. Die #8 siegte vor dem Rebellion #1 und dem Schwesterfahrzeug #7. Der erste Platz in der LMGTE-Pro ging an den Aston Martin #97.
Während zunächst der Toyota #7 seine Pole-Position in die Führung umwandeln konnte, hatte Bruno Senna im Rebellion #1 gleich von Beginn an hart zu kämpfen. Sebastien Buemi am Steuer des Toyota #8 zog früh gleichauf und lieferte sich mit dem Brasilianer hartes Kopf-an-Kopf-Duell.
Nach der ersten Stunde hatte sich die LMP1-Klasse sortiert und bis in die Nacht hinein sah alles nach einem Doppelsieg für Toyota aus mit der #7 auf Platz eins. Doch ein Schaden am Turbo des Führungsfahrzeugs kostete das Trio abermals die Chance auf den Le Mans-Sieg und machten einen langen Reparaturstopp nötig.
Das ByKolles-Team verlor bereits in der ersten Rennhälfte den Anschluss an die Kampfgruppe. Vorzeitig zu Ende war das Rennen für die Gaststarter dann gegen 22 Uhr, als Bruno Spengler von der Strecke abkam.
Das Schwersterfahrzeug #8 übernahm mit Beginn des neuen Tages die Gesamtführung und konnte die beiden Rebellion bequem auf Distanz halten. Die #7 hatte aufgrund des großen Rückstands kaum noch Chancen auf das Podest zu kommen, wäre der Rebellion nicht eine Stunde vor Schluss von der Strecke abgekommen. Bremsprobleme zwangen das Fahrzeug auf Höhe der Indianapolis-Kurve von der Strecke und machten eine Reparatur nötig. Der Aufenthalt reichte aus, damit der Toyota #7 doch vorbeigehen konnte.
Ein Feld auf Augenhöhe
Ungewohnt ausgeglichen waren die Kräfteverhältnisse im teilnehmerstärksten Feld. Die LMP2-Klasse ging mit ganzen 24 Fahrzeugen an den Start und versprach Zweikämpfe in Menge. Bereits zu Beginn sorgte die eigentlichen Favoriten für Aufsehen, als diese reihenweise mit Problemen in die Box abbiegen mussten.
So lief der Oreca 07 vom Racing Team Nederland nicht wirklich rund und auch Signatech-Alpine hatte einen Einbruch beim Antrieb zu verzeichnen. Ganz andere Probleme hatte die IDEC-Mannschaft, die mit beiden Fahrzeugen aus der Box starten musste. Doch als wäre das nicht Strafe genug, so mussten die Oreca 07 zudem noch die komplette erste Runde aussetzen, da ein Unfall im Training die nötige Qualifikation unmöglich machte.
Die Nacht forderte weitere Tribute und rief gleich mehrere Teilnehmer für längere Stopps in die Box. Einige Safety Car-Phasen und weitere Slow-Zones später konnte sich United Autosports an der Spitze mit SO24-Has by Graff festsetzen. Beide Teams kämpften über viele Runden um die Führung. Die Entscheidung brachte die letzte Stunde, als der Graff-Prototyp auf Höhe der Porsche-Kurven heftig einschlug und die finale Saftey Car-Phase auf den Plan rief.
United Autosports holte den ersten Le Mans Sieg der Teamgeschichte und vorzeitig den Klassentitel in der LMP2-Klasse der WEC. Rang zwei sicherte sich JOTA gefolgt von Panis Racing auf Position drei.
Aston Martin dominiert in den LMGTE-Klassen
Bereits in den Trainings zeigte sich Aston Martin stark und auch im Rennen gab es an der britischen Marke keinen Weg vorbei. Nach einem knappen Qualifying ging es für Aston Martin von Rang vier aus an den Start. Während Ferrari in der ersten Stunde schnell die Spitze für sich beanspruchen konnte, verlor Porsche in Stunde eins schnell den Anschluss. Es bildete sich eine Kampfgruppe aus den Startnummern #51, #71, #95 und #97.
Immer wieder wechselte die Führung doch spätestens zur Rennmitte hatte der Aston Martin #97 die bessere Strategie, welche am Ende den Sieg bescherte. Rang zwei ging an den AF Corse Ferrari #51 gefolgt vom Aston Martin #95 auf drei. Der zweite AF Corse Ferrari (#71) blieb in der letzten Runde aufgrund von Benzin-Mangel liegen.
Chaotischer aber zugleich auch extrem spannend war das Rennen in der kleinsten WEC-Klasse. Die LMGTE-Am mit ihren 23 Teilnehmern enttäuschte nicht und lieferte Momente mit Höhen und Tiefen. Auch hier prägte Aston Martin die Spitze und konnte das Rennen am Ende für sich entscheiden.
Spannung bis zum Schluss in der LMGTE-Am
Knapp 20 Minuten nach Start kollidierte der Ferrari #61 mit dem Dempsey-Proton Porsche #88 und schob diesen auf Höhe der Dunlop-Kurven in die Streckenbegrenzung. Der Fahrer Thomas Preining reparierte über drei Stunden sein Fahrzeug im Alleingang am Streckenrand und konnte sich dank dieser Leistung zurück in die Box retten.
Die Nachtphase war besonders für die Debütanten und unerfahrenen Teilnehmer eine große Herausforderung. Gleich mehrfach zollte die Dunkelheit ihren Tribut und viele Fahrzeuge kamen von der Fahrbahn ab. Ein großer Teil schaffte es jedoch aus eigener Kraft zurück ins Rennen.
Besonders heikel war die letzte Stunde, als der Dempsey-Proton Porsche die Streckenbegrenzung der Tertre-Rouge zerpflückte und seinen Wagen schwer in Mitleidenschaft zog. Dieser Vorfall und der Unfall des Graff-LMP2 riefen das Safety-Car auf den Plan, was das GTE-Am-Feld zusammenstauchte.
Mit der Freigabe 20 Minuten vor Schluss gab es ein großes Durcheinander und überrundete Fahrzeuge kämpften neben Führungswagen um Platz auf der Strecke. Das Resultat waren mehrere Positionswechsel und ein spannender Abschluss. Am Ende konnte TF Sport (#90) den Sieg mit nach Hause nehmen und Salih Yoluc als erster Türke einen Klassensieg in Le Mans erzielen. Die Ränge zwei und drei gingen an den Dempsey-Proton Porsche #77 und den AF Corse Ferrari #83.
Ein Rennen wie kein anderes
Die 24 Stunden von Le Mans 2020 spiegeln perfekt das unvorhersehbare Kalenderjahr wider. Nichts blieb, wie es schien und regelmäßig änderte sich die Situation im Rennen. Los ging es zum erst zweiten Mal in der Renngeschichte im September. Das Corona-Virus machte eine Austragung im Juni unmöglich und zwang die Organisatoren zur Umplanung.
Der neue Termin verlängerte die Nachtphase und viele hatten Angst vor Wetterkapriolen. Mehrfach wurde im Rennen vor Regen, Hagel und Gewitter gewarnt doch jedes Mal zogen die Wolken knapp vorbei. Die Strecke blieb trocken und der Rennbetrieb musste nicht unterbrochen werden.
Doch die Corona-Problematik dünnte das Starterfeld aus und gleich mehrere US-Gaststarter mussten die Teilnahme absagen. So fehlten beide Corvette und die US-Mannschaft von Porsche mit den beiden 911 RSR. Ebenfalls schmerzlich vermisst wurden die Zuschauer, welchen wenige Wochen vor Rennbeginn der Zutritt verwehrt wurde, da die Infektionszahlen zu hoch waren.
Die 88. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans war ein Rennen mit spannenden Momenten, stabilen Rennphasen und einer ganzen Menge an Änderungen. Bleibt zu hoffen, dass die Welt im Juni 2021 sich wieder erholt hat und an der Sarthe der altbekannte Trubel einkehrt.
Das vollständige Rennergebnis mit allen Rundenzeiten und Positionen der Teilnehmer gibt es hier in der Übersicht.
Bilder © WEC-Magazin (Walter Schruff / Ton Kerdijk)