Es gibt nur wenige Rennen in der letzten WEC-Dekade, die man als „perfektes Rennen“ bezeichnen konnte. Das zweite Rennen in Portimão, welches Toyota für sich entscheiden konnte, war genau so etwas.
Die japanische Werksmannschaft hat es zum zweiten Mal in Folge allen gezeigt und ein fehlerfreies Rennen in einen würdigen Sieg verwandelt. Das Trio des Toyota #8 konnte sich gegen zehn starke Fahrzeuge durchsetzen. Es zeigte sich, dass der in den letzten Jahren aufgebaute Mix aus Perfektion, Erfahrung und Schnelligkeit immer wichtiger wird. Denn die Konkurrenz hat in kurzer Zeit ebenfalls viele wichtige Schritte gemacht – was nicht zuletzt durch eine bunt gemischte Top 5 ersichtlich wird.
Die ersten fünf Positionen in der Hypercar-Klasse gingen jeweils an eine andere Marke. So einen Moment hatte es sehr lange nicht mehr gegeben und unterstreichen die Möglichkeiten in der neuen Spitzenklasse. Jeder bekommt seine Chance, wenn er an sich arbeitet (und die BoP mitspielt).
Eine Strecke, die ihres Gleichen sucht
Nicht nur die Leistung der einzelnen Teams gilt es hervorzuheben, auch die Strecke in Portimão hat ihren Einstand mit Bravour gemeistert. Nach dem spontanen Debüt als 8-Stunden-Rennen 2021 bekam der Kurs im Süden von Portugal in dieser Saison eine zweite Chance und einen festen Platz im Kalender. Dass die Entscheidung goldrichtig war, zeigte das Rennen, welches mit Ausnahme von einer einzigen Safety Car-Phase gegen Ende durchgängig grün war.
Keine Full Course Yellow, keine sonstigen Unterbrechungen behinderten das Spektakel und brachten die Strategen sowie Mechaniker an ihre Grenzen. Der Kurs harmoniert hervorragend mit den modernen Hypercars und wirkt wie eine reinrassige WEC-Strecke, die es sonst (abseits von Le Mans) im Kalender nicht gibt. Wiesen, Kiesbetten und eine Streckenführung mit Achterbahn-Feeling machen das fast perfekte Rennen in Portimão einmalig.
Glück und Pech ganz nah beisammen
Der Sieg im Rennen ging an das Trio vom Toyota #8 Sébastien Buemi, Brendon Hartley und Ryo Hirakawa. Ein starker erster Stint von Buemi sorgte für einen Vorsprung von rund 30 Sekunden auf die nachfolgenden Ferraris, bevor Brendon Hartley zur Halbzeit die Führung übernahm. Hirakawa baute den Vorsprung schließlich in den letzten zwei Stunden des Rennens auf mehr als eine Runde aus.
Für das Schwesterfahrzeug (#7) verlief nicht alles nach Plan. Probleme mit einem Drehmomentsensor machten dem GR010 Hybrid zu schaffen und kosteten das Team rund 20 Minuten an der Box. Trotz einiger schneller Rundenzeiten in der Schlussphase kam das Schwesterauto nur auf den 9. Gesamtrang, was die Meisterschaftshoffnungen für Mike Conway, Kamui Kobayashi und José Maria Lopez erheblich schmälert.
Ferrari und Porsche auf dem Podium
Ferrari erwies sich einmal mehr als der schnellste der neuen Hersteller im Jahr 2023 und belegte den zweiten Platz mit rund einer Minute Vorsprung. Antonio Fuoco, Miguel Molina und Niklas Nielsen im Ferrari 499P (#50) sicherten sich nach einer beeindruckenden Fahrt ohne größere Probleme ihren zweiten Podiumsplatz in Folge.
Das Gleiche kann man vom Schwesterauto nicht behaupten, welches etwa zur Halbzeit einen Bremsdefekt erlitt. Das Auto mit der Startnummer 51 bestritt zudem einen Großteil des Rennens ohne funktionierendes Hybridsystem. Das führte zu einem übermäßigen Energieverbrauch und häufigeren Boxenstopps. Alessandro Pier Guidi, James Calado und Antonio Giovinazzi kämpften hart, konnten aber nach einer Reihe von bremsbedingten Ausfällen in der letzten Stunde nur den sechsten Platz belegen.
Porsche Penske Motorsport feierte seinen ersten Podiumsplatz bei den 6 Stunden von Portimão nach einer kämpferischen Leistung des Trios um Kevin Estre, Andre Lotterer und Laurens Vanthoor.
Die #6 hatte während des gesamten Rennens mit einer guten Platzierung gerechnet, doch eine Safety-Car-Phase in der letzten Rennstunde sorgte an der Boxenmauer sicherlich für Nervosität. Ein Tankfehler erforderte einen zusätzlichen Stopp, doch das Porsche-Team konnte sich aufgrund der Bremsprobleme des Ferrari #51 noch den dritten Platz sichern.
Starke Leistung von Cadillac und Peugeot
Cadillac absolvierte sein erstes Rennen in Europa seit über zwanzig Jahren mit einem starken vierten Platz in Portimão. Auf dieser Basis möchte das US-Team in Spa weiter aufbauen und bringt zur Vorbereitung auf Le Mans ein zweites Fahrzeug an den Start. Insgesamt drei Cadillacs werden schließlich beim Jubiläumsrennen von Le Mans im Feld vertreten sein.
Peugeot verließ das Rennen in Portimão ebenfalls mit guter Laune nach einem zuversichtlichen Ergebnis. Der 9X8 mit der Startnummer 94 lag auf einem soliden vierten Platz (mit zeitweise Chancen auf das Podium), bevor er aufgrund eines defekten Sensors am Ende nur Rang fünf erreichte.
Das Schwesterfahrzeug mit der Startnummer 93 zeigte ebenfalls eine gute Leistung, musste das Rennen aber aufgrund eines Austauschs der Servolenkung von der Boxengasse beginnen. Am Ende schaffte es das Trio der #93 auf Rang sieben.
Gemischtes Glück für Privatteams
Glickenhaus Racing lieferte in Portugal ein konstantes Rennen ab. Doch die Mannschaft kämpfte einen Großteil der Zeit eher gegen das LMP2-Feld an, als gegen die anderen Hypercars. Das Auto schien von der Geschwindigkeit der Werks-Hypercars zu weit entfernt zu sein, um wirklich ein Wörtchen mitreden zu können.
Trotz der Leistungsprobleme fuhren Roman Dumas, Ryan Briscoe und Olivier Pla ein fehlerfreies Rennen und belegten Platz 8.
Floyd Vanwall Racing hingegen sorgte für die einzige Safety Car-Phase des Rennens. Nachdem Jacques Villeneuve im Vandervell 680 einen Zwischenfall am rechten Vorderrad hatte, wurde das bis dahin durchgehend grüne Rennen kurzzeitig verlangsamt.
Der Kanadier konnte nicht mehr bremsen und krachte in die Reifenbarriere – blieb aber glücklicherweise unverletzt. Das Auto wurde auf der Stelle abgestellt und das Rennen war vorzeitig zu Ende für das Team.
Doppelsieg für United Autosports
In der LMP2-Klasse gab es wieder einmal viele enge Momente, besonders nachdem das späte Safety Car das Feld aufmischte. Das Trio der #23 von United Autosports (Giedo van der Garde, Josh Pierson und Oliver Jarvis) ließ die Enttäuschung von Sebring hinter sich und gewann mit 5 Sekunden Vorsprung auf das Schwesterauto.
Beachtlich war der Sieg umso mehr, da Funkprobleme das Team in der Schlussphase Zeit an der Box kosteten. Platz zwei in der Klasse ging an die #22 von United Autosports.
Das Fahrzeug mit der Nummer 41 vom Team WRT konnte die #63 von Prema Racing in der Schlussphase überholen und Rang drei sichern. Ein herber Rückschlag für die Mannschaft aus Italien, die bis dahin ihre Podiumschancen verteidigen konnte und zeitweise auch um die Führung kämpfte.
Knappes Finale in der GTE-Klasse
In der GTE-Am holte die Corvette mit der Startnummer 63 den zweiten von zwei Siegen in dieser Saison. Dafür hatte die Mannschaft aber hart kämpfen müssen.
Die #83 von Richard Mille AF Corse hatte ebenfalls lange Zeit die Chancen auf den Sieg beim Rennen in Portimão aufrechterhalten und für ein knappes Ende gesorgt.
Alessio Rovera im Ferrari versuchte in der letzten Stunde, Nicky Catsburg in der Corvette abzufangen, konnte aber nicht am Niederländer vorbei, da er durch das letzte Safety-Car aufgehalten wurde. Der dritte Platz ging an das Team der #85 von Iron Dames.
Alle Höhepunkte vom Rennverlauf gibt es im Live-Ticker zum Nachlesen. Eine vollständige Liste der Ergebnisse der 6 Stunden von Portimão gibt es hier.
Bilder © WEC-Magazin (Walter Schruff / Ton Kerdijk)