Die unglaubliche Fahrt von Pierre Levegh

Die 24 Stunden von Le Mans stehen kurz bevor. Für alle Fans und Fahrer ist es das Motorsport-Highlight des Jahres. In unserer Serie „Die Legenden von Le Mans“ möchten wir mit Rückblicken auf das legendäre Rennen einstimmen. Jeder Artikel wird sich mit einem bestimmten Momenten, einer Person oder einem Fahrzeug der Le Mans Geschichte beschäftigen, die uns bei WEC-Magazin besonders geprägt haben. Beginnen möchten wir mit einem Piloten der frühen Tage, Pierre Levegh.

Wir schreiben die 1950er Jahre. Nach Ende des zweiten Weltkriegs finden in Frankreich wieder die 24 Stunden von Le Mans statt. Durch die Auseinandersetzungen der Kriegsjahre ist die Stimmung zwischen den einzelnen Ländern noch immer angespannt und so ist wenig verwunderlich, dass sich diese Stimmung auch auf die einzelnen Teams niederschlägt. Während die Deutschen Mercedes-Benz in den folgenden Jahren nach Le Mans schickten, trat mit Jaguar ein Vertreter für Großbritannien an.

Die Teams beider Länder schenkten sich nichts und kämpften mit allen mitteln gegeneinander. Beide Seiten machten große Entwicklungen im Fahrzuegbau, waren jedoch nicht bereit zu Gunsten der Sicherheit diese Erkenntnisse miteinander zu teilen. Ein Beispiel ist die von Jaguar entwickelte Trommelbremse, welche Mercedes-Benz nicht zur Verfügung stand. Um den Nachteil auszugleichen, bedienten sich die Deutschen einer Luftbremse, welcher der Störklappe eines Flugzeuges ähnelt.

Die 50er Jahrer in Le Mans wahren eine Zeit der Geheimniskrämerei und die Regeln waren nur in groben Zügen definiert. Was folgte waren Technologie-Kämpfe der Wagenbauer und Allerlei kuriose Ereignisse. Im Jahr 1952 ging der Franzose Pierre Levegh zusammen mit René Marchand im eigenen Team an den Start. Als Fahrzeug setzte die Privatmannschaft einen Talbot-Lago ein, welcher zwar schnell unterwegs war, jedoch nicht mit den großen Werksteams schritthalten konnte.

Zu Beginn des Rennens setzte sich der Pole-Setter Alberto Ascari im Ferrari an der Spitze ab, schied jedoch nach drei Stunden aufgrund eines Kupplungsschadens aus. Zur damaligen Zeit waren Reperaturen am Wagen durch Mannschaft nicht möglich. Konnte ein Fahrer den Schaden nicht selbst beheben, so war das Fahrzeug raus. Durch diesen frühen Ausfall übernahm das Duo Behra und Manzon im Gordini die Spitze des Feldes und konnte diese bis zur Halbzeit verteidigen. Doch ein Bremsdefekt am kleinen 2,3 Liter Fahrzeug zwang auch dieses Team in die Knie. Nachdem ein Ferrari, ein Mercedes und all Jaguar ausgefallen waren, übernahm nun der Franzose Pierre Levegh die Führung mit seinem eigentlich unterlegenen Talbot-Lago.

In den frühen Le Mans Jahren gab es noch keine Begrenzung der Fahrzeit eines Piloten. Levegh saß zum Zeitpunkt der Führungsübernahme bereits 12 Stunden am Stück ohne Pause in seinem Wagen. In den vergangenen Stunden hatte er sich seinen Motor leicht beschädigt, jedoch war er in der Lage das Rennen fortzusetzen. In weiteren Rennverlauf kam der Franzose regelmäßig an die Box um nachzutanken, stieg jedoch nie aus dem Wagen obwohl sein Teamkollege René Marchand jedesmal bereit stand.

Eine Stunde und zehn Minuten vor Ende schied Pierre Levegh mit seinem Wagen aufgrund eines Motorschadens aus. Er verlor das Rennen, verewigte sich mit seiner Fahrt jedoch für immer in den Geschichtsbüchern. Sage und schreibe 22 Stunden und 50 Minuten fuhr er ohne Pause im Rennen von Le Mans. Es ist die größte fahrerische Leistung die ein Rennfahrer je geschafft hat. Ohne Essen, Schlafen oder Trinken fuhr Pierre Levegh fast einen ganzen Tag alleine durch. Warum er seinen Teamkollegen nicht ans Steuer ließ, wurde nie offiziell geklärt. Vermutlich hatte der 47 jährige Angst, dass der unerfahrene Marchand nach der Übernahme der Spitze den Motor endgültig kaputt macht, was das Team den Sieg kosten würde .

Drei Jahre später engagierte das Mercedes-Benz Werksteam Pierre Levegh als Ersatz für den kurzfristig ausgefallenen Hans Herrmann. Die 24 Stunden von Le Mans 1955 sollten das letzte Rennen für den Franzosen werden. Durch eine folgenschwere Kollision zwischen dem Austin-Healey und Leveghs Mercedes, ereignete sich die größten Tragödie im Motorsport. Bei dem Unfall auf der Start-Ziel Geraden verloren neben Pierre Levegh noch 83 weitere Menschen ihr Leben.

Via: Wikipedia
Bildquellen: Mercedes AMG F1 / Wikipedia