Le Mans ist etwas ganz besonderes und niemanden gelingt der Sieg beim ganz großen Rennen auf Anhieb. Tom Walkinshaw, ehemaliger Teammanager von Jagaur, formulierte es seinerzeit sehr treffend: „Um in Le Mans zu gewinnen benötigt es drei Jahre!“ Das diese Zahl nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt die Geschichte von Jaguar in den 80er Jahren.
Die Rückkehr von Jaguar in die Königsklasse des Langstreckensports war ein langsamer aber stetiger Prozess. Alles begann mit einigen US-Privatiers, welche mit Werksunterstützung auf Basis des Jaguar XJR-5s ein Fahrzeug für die IMSA GT-Championship mit Gaststart in Le Mans vorbereiteten.
Schon bald erkannte der britische Hersteller das ganze Potential des Projektes und wertete den Einsatz 1987 zu einem vollständigen Werksprogramm auf. Bereits bei den ersten Saisonrennen der Sportwagenweltmeisterschaft konnten sich die neuen XJR-8 getauften Fahrzeuge gegen die privat eingesetzten Porsche behaupten.
Doch beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans setzte der Autobauer aus Stuttgart drei Werksfahrzeuge in Rothmans-Lackierung ein. Die drei Silk-Cut-Jaguar kämpften zwar mit technischen Problemen, könnten jedoch zunächst die Führung übernehmen. Ein Unfall in den frühen Stunden des Rennens machte diese jedoch zunichte und Porsche sicherte sich den siebten Sieg in Le Mans, während der Beste Jaguar nur auf Position fünf ins Ziel kam.
Ein Jahr später, 1988, wurde das Feld durch den Werkseinsatz des Sauber-Mercedes-Teams aufgemischt. Innerhalb der ersten vier Rennen landeten die neuen C9 jeweils unter den Top-2. Doch kurz vor den 24 Stunden von Le Mans zog sich die Mercedes-Mannschaft nach Problemen mit den Michelin-Reifen vom Rennen zurück.
Jaguar hingegen hatte aus dem Jahr zuvor gelernt und sich mit Piloten wie Martin Brundle und Jan Lammers ein exzellentes Team zusammengestellt. Dem entgegen Stand jedoch immer noch das Star-Aufgebot von Porsche, welches unter anderem Klaus Ludwig, Hans-Joachim Stuck und Derek Bell beinhaltete.
Jaguar führt
Die 80er Jahre waren eine andere Zeit in Le Mans. Die Mulsanne-Gerade konnte noch ohne Schikanen befahren werden. Das Feld war gespickt mit zahlreiche Hersteller wie Jaguar, Porsche, Mazda, Toyota und Nissan. Nicht weniger als 50 Gruppe-C-Fahrzeuge kämpften bei Spitzengeschwindigkeiten auf der öffentlichen Straße. So aufregend wie diese Zeit auch gewesen ist, so darf man nie vergessen, dass die Gefahr auch entsprechend groß war.
Bei schlechtesten Bedingungen ging Porsche schließlich bei den 24 Stunden von Le Mans in Führung, dicht gefolgt von Jaguar mit Jan Lammers hinter dem Steuer. Doch nach mehreren Stunden voller Rennaction fuhr Klaus Ludwig im Schneckentempo entlang der Indianapolis-Kurve, nach dem sein Reservetank versagt hatte und verlor die Führung. Doch das fahrerische Talent der Proschecrew reichte aus, um den Rückstand aufzuholen und weiter gegen die starken Jaguar zu kämpfen.
Als die Nacht Einzug hielt hatte sich diese ganz besondere Atmosphäre ausgebreitet, wie man Sie nur in Le Mans erleben kann. Der Jaguar mit der Startnummer zwei hatte sich zwischenzeitlich an der Spitze etabliert. Zur Mitternachtsstunde wechselte die Spitze jedoch erneut und der Porsche #18 schob sich knapp vor das britische Team.
Ein spannendes Finale
In der Nachtphase führten schließlich Getriebeprobleme zum vorzeitigen Rückzug des Jaguar #3. Doch auch Porsche blieb nicht ganz verschont. Sowohl die #18 als auch die #19 schleppten sich mit Motorenproblemen über die Strecke. Nach einer langen Reparaturphase in der Box rückte der Sieg für die Stuttgarter in weite Ferne.
In den Morgenstunden sorgte einsetzender Regen für Chaos an der Spitze. Bis zu diesem Zeitpunkt führte der Jaguar von Lammers, Dumfries und Wallace mit nur einer Runde Vorsprung auf den hart kämpfenden Porsche von Bell, Stuck und Ludwig. Die Fans an der Strecke, darunter 50.000 Briten, unterstützen Jaguar lautstark und wollten einen Sieg der Marke um jeden Preis. Es ging weniger um die gute Leistung des britischen Autobauers sondern viel mehr darum, die siebenjährige Siegesstrecke von Porsche in Le Mans zu beenden.
Für die Zuschauer sah alles danach aus, als hätte Jaguar das Rennen in der Hand und könnte den Porsche sicher auf Abstand halten. Doch in der Box braute sich unterdessen etwas zusammen, was sich so keiner erhofft hatte. Das Team stellte beim Boxenstopp für den letzten Stint die selben Getriebeprobleme beim Führungsfahrzeug fest wie Stunden zuvor beim Schwesterwagen.
Die Gangschaltung verursachte Schwierigkeiten nach dem Wechsel in den vierten Gang. Dank der Erfahrungen von der Startnummer drei entschloss sich Jan Lammers, welcher die letzten Runden absolvierte, den vierten Gang für das restliche Rennen beizubehalten und nicht mehr zu schalten. Rückblickend war es eine kluge Entscheidung, da das Getriebe nach dem Rennen sprichwörtlich auseinanderfiel. Das beibehalten des vierten Gangs auch während des finalen Boxenstopp rettete dem Team das Rennen.
Trotz aller Rückschläge am Ende brachte Lammers den Jaguar sicher über die Ziellinie und sicherte den ersten Le Mans-Sieg für die britische Marke seit 1957. Der Porsche #17 hatte den Rückstand aufgeholt, schaffte es aber nicht mehr am Jaguar vorbei. Mit nur einer Minute Abstand überquerte der Rekordsieger die Ziellinie auf Rang zwei. Ohne die Heldentat des Niederländers wäre das Rennen wohl eher entschieden worden.
Alle Bilder wurden uns freundlicherweise für diesen Beitrag bereitgestellt durch www.aysedasi.co.uk.